Nach den Erfahrungen mit dem Trampen in den Vereinigten Staaten war ich auf alles vorbereitet, als ich New York verlassen habe. Alle Informationen der Rest Areas habe ich besorgt und mehrere Tage nach Florida veranschlagt.
Das Schöne ist aber immer wieder die Überraschung, das Unerwartete, das Unplanbare. Es war ein fast rasanter Start in New York, nachdem mich der Chef eines Burger Kings des Platzes verwiesen und mit der Polizei gedroht hat, ging alles ganz schnell. Ein Lift nach Philadelphia mit einem Inder, der zuerst meinen Paß mit dem Smartphone abfotografiert hat, dann aber ganz entspannt war. Ein weiterer bis Washington. Das Weiße Haus konnte man sogar von der Autobahn aus sehen. Dann nahm mich noch Carlos aus Texas mit. Endlich mal ein Ami mit Dialekt und was für einem! Mit dem Truck fuhren wir 1500 Kilometer über Nacht. Ich konnte meine Isomatte in seiner riesigen Kabine ausbreiten und erster Klasse übernachten. Dann nur kurz verschnaufen, ins nächste Auto und durch den kürzesten Frühling meines Lebens. In 2 Stunden ging es von einem verregneten Spätwinter durch die aufspringenden Knospen und blühenden Kirschen zu Palmen und Bananenstauden in Florida.
Jahreszeiten im Schnelldurchlauf
Schade, dass ich dort nicht länger bleiben konnte. Ich liebe den Frühling sehr. In diesem Jahr hatte ich ein wenig davon in Vancouver gesehen und nun ein weiteres in Georgia. Immerhin habe ich mit Dennis gemeinsam „Georgia in my mind“ gesungen. Musikalische Weltliteratur würde mein Vater sagen! Aber vielleicht kann ich ja in Deutschland noch etwas davon erleben. Also haltet einfach noch ein bisschen aus, in Sturm, Regen und Kälte.
Dann ging es weiter im Prius mit Theresa und Esperanca aus Kuba, die in Miami leben und mich pünklich zur Strandparty in Miami Beach abgeliefert haben.
Die Bilanz des Jahreszeitenwechsels im Schnelldurchlauf: 30 Stunden von New York nach Miami, durch 7 Bundesstaaten und ingesamt eine super Zeit.
Miami Beach feiert 100. Jubiläum
Grund zur Party gibt es hier wohl immer aber heute war es ein besonderer. 100 Jahre Miami Beach. Ein riesiges Feuerwerk, als wir über die Brücke gefahren sind und laute Musik am Strand gespielt wurde.
Nun Miami. Die Schönsten der Schönen und die Reichsten der Reichen geben sich hier ein Stelldichein. Oder zumindest, die die sich dafür halten. Ich zähle mich nicht dazu. Maseratis und Ferraris sind nicht meine Kragenweite, auch wenn ich schon im Ferrari mitgetrampt bin.
Das Bett im 8-Bettzimmer kostet hier von 80$ aufwärts, war aber leider schon ausgebucht. Zum Glück konnte ich nach der Strandparty einfach unbehelligt liegen bleiben. War ja auch ein hundertster Geburtstag, da kann man schon mal über die Stenge schlagen. Ansonsten stehen hier allerdings hohe Strafen auf das Übernachten am Strand oder sogar im Auto.
Nun habe ich mir die Stadt angesehen. Eine der größten Ansammlungen von ArtDeco Gebäuden in der Welt. Immerhin das hat mich ein wenig entschädigt. Seit meinen paar Semestern Kunstgeschichte beeindruckt mich Architektur immer wieder und immer mehr.
Hier habe ich nun endgültig die Kälte verlassen, das heißt, einige schwere Wintersachen, die mich durch Russland und Kanada gebracht haben, müssen weichen.
Jetzt aber raus aus den USA
Schnell war klar, dass ich diesen Ort verlassen muss. Also schnell auf die Fähre auf die Bahamas. Ich will zwar nach Kuba, aber das ist nicht so einfach, denn von den USA gibt es nicht wirklich direkte Flugverbindungen nach Kuba. Ein Umweg über die Bahamas muss her. Wie immer hatte ich überhaupt keine Vorstellungen von dem Land. Ich kam vom Regen in die Traufe. Es war mir nicht klar, dass es das bislang gefährlichste auf meiner Reise sein sollte. Es herrscht Linksverkehr! Damit ist jede Straßenüberquerung für mich lebensgefährlich. Leider ist es auf den Bahamas nicht besser als in Miami. Nur fehlt hier noch die interessante Architektur. Keine Hostels aber dafür Hotels von 80 Dollar aufwärts.
Tramperhölle Bahamas
Ich war also wieder fehl am Platz, wieder eine Nacht am Stand, eine zweite bei einer freudlichen Engländerin, die mich am Strand aufgegabelt hat. Danke Jackie! Dazu Salat von der Nachbarin Kirsin aus Kanada. Schnell aufs Postschiff und ab nach Nassau.
Einen Tag habe ich nun Nassau entdeckt. Das El Dorado der Kreuzfahrttouristen. Genau, wie sie es lieben. Nichts zu sehen, aber Palmen, ein paar Shops mit Schwachsinn, ein paar Musiker, ein paar Fotos, Glasbodenboot und zum Dinner wieder an Bord. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich jemals so weit sinke.
Immerhin die Einheimischen sind aber freundlich. Trampen war einfach, auch wenn ich nie weit gekommen bin. Schließlich ist keine der Inseln 3000 Inseln besonders groß.
An vielen Stellen sind die Bahamas uninteressant, sie wirken wie Disneyland, neu und billig erbaut aber schön rosa angemalt. Davor ein paar mit Federn geschmückte Einheimische, die trommeln. Es erfüllt die Ansprüche, die der Katalog und das Reisebüro wecken.
Aber es gibt auch noch das gute alte Wasserklosett, was man in keinem Reiseführer findet. Leider war es schon besetzt.
Ein bisschen Werbung für die Bahamas will ich aber doch machen. Mein lieber Freund Siggi und Klettergerald aus Halle würden ja schließlich nie herkommen, wenn sie nicht wüßten, was hier für Schätze warten. So habe ich einen, nur Einheimischen bekannten, sonst völlig unentdeckten Felsen gefunden. Dort soll die einzige 12+ Route in Amerika unbestiegen sein. Das ist für Kletterer sehr anspruchsvoll.
Schnell, eilt her! Ich konnte nur nicht herausfinden, ob es die Nordwand oder die Südwand oder mal so, mal so ist.
Schnell noch nach Kuba, bevor die Amis kommen
Nun habe ich von diesem überteuertem Hokuspokus die Nase voll und verlasse Nassau, um nach Havanna weiterzureisen. Auf in die Vergangenheit. Ich hoffe schließlich, mich an vieles zu erinnern, was meine Kindheit in der DDR bestimmte. Ich denke, es ist Eile geboten, denn die Amerikaner haben Annäherung mit Kuba angekündigt und was soll das schon heißen, außer rosa Fassaden, Kreuzfahrschiffen und mehr Kletterfelsen, als die Kubaner sich jemals erträumten.